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Die vorliegende Erfindung betrifft wäßrige Polymerdispersionen, ihre Herstellung und diese enthaltende Zusammensetzungen.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, wäßrige Polymerdispersionen bereitzustellen, die insbesondere zur Verwendung als Bindemittelkomponenten von härtbaren wäßrigen Oberflächenbeschichtungszusammensetzungen geeignet sind.
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Aufgabe der Erfindung ist insbesondere die Bereitstellung von wäßrigen Polymerdispersionen zur Verwendung bei der Herstellung von strahlungs- und/oder hitzehärtbaren wäßrigen Beschichtungszusammensetzungen wie Farben, Lacken und Druckfarben (einschließlich Überdrucklacken) zur Auftragung auf Substrate wie Kunststoff, Beton, Holz und Papier. Die Zusammensetzungen eignen sich insbesondere zur Auftragung auf Holz als strählungshärtbare Zusammensetzungen.
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Gegenstand der Erfindung ist nach einer ersten Ausführungsform eine wäßrige Polymerdispersion, enthaltend aus mindestens zwei Polymeren gebildete Polymerteilchen, die eine Mindestfilmbildungstemperatur unter 100°C, beispielsweise unter 60°C, aufweisen und aus zwei verschiedenen Polymeren gebildet sind, nämlich Polymer A, das eine Glasübergangstemperatur (TgA) von –70 bis 10°C und insbesondere von –35 bis 5°C, aufweist und 5 bis 65 Gew.-% des gesamten Polymersystems ausmacht; und Polymer B, das eine Glasübergangstemperatur (TgB) von 60 bis 130°C aufweist und 5 bis 65 Gew.-% des gesamten Polymersystems ausmacht; zusammen mit einem multifunktionellen Material (C), das in einer Menge von 5 bis 70 Gew.-%, bezogen auf das gesamte Polymersystem, vorliegt, wobei sich die Gewichtsanteile der Polymere A und B und des multifunktionellen Materials (C) zu 100 Gew.-% addieren, und das multifunktionelle Material (C) unter Epoxy(meth)acrylaten, Urethan(meth)acrylaten, multifunktionellen (Meth)acrylatmonomeren und Amin(Meth)acrylat-Addukten ausgewählt ist, wobei jeder Polymerbestandteil bis 15 Gew.-Teile pro 100 Gew.-Teile aus mindestens einem funktionellen copolymerisierbaren Monomer aufweist, das unter Monomeren mit Acetoacetyl- oder Amingruppen ausgewählt ist.
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Der Begriff ”multifunktionelles Material” soll sich im Rahmen der vorliegenden Erfindung auf ein Monomer oder anderes organisches Material mit mindestens zwei ethylenisch ungesättigten Gruppen, die jeweil separat an einer radikalisch initiierten Additionscopolymerisationsreaktion teilnehmen können, beziehen. Diese ungesättigten Gruppen brauchen nicht unbedingt auf die gleiche Art und Weise zu reagieren und können somit chemisch gleichartig (z. B. kann es sich um (Meth)acrylatgruppen handeln) oder chemisch verschieden sein (z. B. kann es sich um eine reaktivere (Meth)acrylatgruppe und eine weniger reaktive Allylgruppe handeln).
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Zum Hitze- oder Strahlungshärtbarmachen kann die Zusammensetzung außerdem auch noch ein geeignetes Initiatorsystem in einer Menge von bis zu 5 Gew.-%, vorzugsweise 1 bis 2,5 Gew.-%, bezogen auf das gesamte Polymersystem, enthalten, das, sofern es nicht wasserlöslich ist, im Wasser der Emulsion emulgiert oder auf ein Latexpolymer aufgepfropft werden kann.
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Die Glasübergangstemperaturen der Polymere der Dispersion können nach der Fox-Gleichung [T. G. Fox, Bull. Am. Physics Soc., Band 1 (3), Seite 123 (1956)] berechnet und in der Praxis mittels programmierter Differentialkalorimetrie bestimmt werden.
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Die Polymere (A) und (B) können nach einem mehrstufigen Polymerisationsverfahren oder durch Mischen von Latices der einzeln gebildeten Polymere hergestellt werden. Bei der Herstellung über aufeinanderfolgende Emulsionspolymerisationsstufen wird das in der ersten Stufe hergestellte Polymer als ”erstes Polymer” und das in der zweiten Stufe hergestellte Polymer als ”zweites” Polymer bezeichnet. Das Polymer der ersten Stufe kann eines der beiden Polymere A oder B enthalten, was auch für das Polymer der zweiten Stufe gilt, vorausgesetzt, daß beide Einzelpolymere vorliegen. Jede zur Bildung eines bestimmten Polymers führende Polymerisationsstufe kann selbst einen oder mehrere Polymerisationsschritte umfassen, vorausgesetzt, daß bei jedem Schritt Polymer mit der gleichen Tg anfällt. So kann man beispielsweise bei Anwendung von herkömmlichen Saatverfahren das erste Polymer durch einen ersten Schritt, bei dem ein derartiges Polymer anfällt, und einen anschließenden zweiten Schritt, der unter Verwendung der gleichen Monomerzusammensetzung zusätzliches Polymer liefert, herstellen.
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Die Herstellung jedes der die erfindungsgemäße wäßrige Dispersion bildenden Polymere erfolgt durch Polymerisation mindestens eines ethylenisch ungesättigten Monomers unter Verwendung einer Monomerzusammensetzung, mit der die gewünschte Glasübergangstemperatur erreicht werden kann. Als ethylenisch ungesättigte Monomere eignen sich beispielsweise Acrylsäure- oder Methacrylsäureester, wie Methylacrylat, Ethylacrylat, n-Butylacrylat, 2-Ethylhexylacrylat, Methylmethacrylat und n-Butylmethacrylat; sowie aromatische Vinylmonomere, wie Styrol und seine Derivate, beispielsweise alpha-Methylstyrol, Vinyltoluol und tert.-Butylstyrol. Die das Polymer (A) bildenden Monomere können mit den das Polymer (B) bildenden Monomeren identisch oder davon verschieden sein. Besonders bevorzugt kommen Butylacrylat, Methylmethacrylat und Styrol zur Anwendung.
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Jedes die erfindungsgemäße wäßrige Dispersion bildende Polymer kann gegebenenfalls bis zu 10 Gewichtsteile mindestens eines wasserlöslichen, mit den ethylenisch ungesättigten Monomeren copolymerisierbaren Comonomers auf 100 Gewichtsteile dieser Monomere enthalten. Als einsetzbare wasserlösliche Comonomere seien im einzelnen Acrylsäure, Methacrylsäure, Acrylamid, Methacrylamid, N-Methylolacrylamid und N-Methylolmethacrylamid genannt.
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Ganz analog kann jeder Polymerbestandteil bis zu 5 Gewichtsteile, bezogen auf 100 Gewichtsteile dieses Monomers, mindestens eines vernetzenden Monomers enthalten. Diese Monomere vernetzen in der Regel bei der Polymerbildung, ohne daß nachgeschaltete Trockungs- oder andere Härtungstechniken erforderlich sind. Im einzelnen seien Ethylenglykoldiacrylat, Ethylenglykoldimethacrylat, 1,3-Butylenglykoldiacrylat und Divinylbenzol genannt.
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Ganz analog muß jeder Polymerbestandteil bis zu 15 Gewichtsteile, bezogen auf 100 Gewichtsteile, mindestens eines funktionellen copolymerisierbaren Monomers, das mit einer speziellen funktionellen Gruppe die Filmeigenschaften, wie beispielsweise Haftung oder Vernetzbarkeit und Pfropfbarkeit, verbessern kann, enthalten, das unter Monomeren mit Amingruppen oder Acetoacetylgruppen, wie beispielsweise Acetoacetoxyethylmethacrylat, ausgewählt ist.
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Als funktionelle Gruppen und verwandte Monomere, die die Vernetzbarkeit und Pfropfbarkeit weiter verbessern können, seien im einzelnen Hydroxylgruppen, wie beispielsweise in Hydroxyethylmethacyrylat, ungesättigte Gruppen, wie beispielsweise in Dicyclopentadienylmethacrylat, genannt. Pfropf- und Vernetzungsreaktionen können im Latex, beim Koaleszieren des Latex oder bei der Filmalterung erfolgen. Möglicherweise sind spezielle Bedingungen erforderlich, wie Temperatur, UV-Härtung, pH, externe Reagenzien oder Katalysatoren. Nach der Synthese können spezielle Reagenzien zugesetzt werden, wie Isocyanat, Epoxidharze und Carbodiimid.
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Ganz analog kann jeder Polymerbestandteil eine aufgepfropfte Photoinitiatorgruppe enthalten. Diese aufgepfropfte Photoinitiatorgruppe ist beispielsweise bei der Verwendung von bis zu 10 Gewichtsteilen mindestens eines benzophenonfunktionalisierten Monomers, wie z. B. UVECRYL® P 36 (Red Cure Specialities S. A., Anderlecht, Belgien) erhältlich.
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Daneben kann mindestens einer dieser drei Monomertypen (wasserlöslich, funktionell, vernetzend) und die Photoinitiatorgruppe nicht einheitlich in mindestens einen der Polymerbestandteile eingearbeitet werden, sondern über einen begrenzten Zeitraum während der Polymerisation von Monomeren eines Schritts in entsprechend höherer Konzentration (z. B. bis zu 90%) zugegeben werden. Dieses Verfahren ist unter der Bezeichnung ”Shot-Verfahren” bekannt.
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Die Mindestfilmbildungstemperatur der Polymerteilchen insgesamt liegt unter 100°C, beispielsweise unter 60°C. Der Mindestfilmbildungsübergang (MFFT oder MFT) kann als die Mindesttemperatur definiert werden, bei der die Teilchen einer Polymerdispersion zu einem kontinuierlichen, rißfreien Film koaleszieren.
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Die Polymerdispersion weist vorzugsweise eine Teilchengröße von 50 bis 250 nm auf.
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Verfahren zur Bestimmung und Steuerung der mittleren Teilchengröße sind an sich gut bekannt, beispielsweise gemäß E. A. Collins, 18th Annual Short Course (June 1987) of the Institute of Polymer Emulsion, Lehigh University (Pennsylvania), von E. A. Collins, J. A. Davidson und C. A. Daniels, J. Paint Technology 47, 35 (1975), oder unter Anwendung der Funktionsprinzipien des Geräts AutoSizer® Lo-C von Malvern Instruments.
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Wie oben bereits erwähnt, kann man erfindungsgemäße wäßrige Polymerdispersionen nach einem mehrstufigen Polymerisationsverfahren herstellen, bei dem man in jeder Stufe eine auf die Erzielung der gewünschten Tg-Eigenschaften des hergestellten Polymers ausgelegte Monomerkombination verwendet. Es ist oft zweckmäßig, die ersten Polymerisationsschritte in zwei Schritten durchzuführen, d. h. einem Schritt zur Herstellung eines Saatpolymers gefolgt von einem weiteren Polymerisationsschritt.
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Die Polymerisation kann zur Regelung des zahlenmittleren Molekulargewichts des anfallenden Polymers in Gegenwart von bis zu ungefähr 1 Gewichtsteil, bezogen auf 100 Gewichtsteile der Monomere, mindestens eines Kettenübertragungsmittels erfolgen. Beispiele für Verbindungen, die als Kettenübertragungsmittel verwendet werden können, sind Mercaptocarbonsäuren und Mercaptoalkohole mit 2 bis 8 Kohlenstoffatomen, wie Mercaptoessigsäure, 2-Mercaptobenzoesäure, 2-Mercaptoethanol und 2-Mercapto-2-butanol, sowie Alkyl- oder Alkylarylthiole, wie Butanthiol, Dodecylmercaptan und 2-Methyl-5-tert.-butylthiophenol.
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Die ethylenisch ungesättigten Monomere, aus denen sich jedes Polymer der Dispersion zusammensetzt, können mit Hilfe mindestens eines anionischen oder nichtionischen Tensids emulgiert oder einfach in Form einer homogenen Monomerenmischung in einen Reaktor eingetragen werden. In letzterem Fall kann man gleichzeitig eine wäßrige Lösung eines oder mehrerer Tenside zusetzen. Vorzugsweise verwendet man eine Kombination aus nichtionischem Tensid und anionischem Tensid zur Herstellung von Emulsionen. Beispiele für nichtionische Tenside sind Polyglucoside, wie Alkylpolyglucosid, Polyether, wie Kondensate von Ethylenoxid und Propylenoxid, Alkyl- und Alkylarylether und Thioether von Polyethylenglykolen und Polypropylenglykolen, Alkylphenoxypoly(ethylenoxy)ethanole, Polyoxyalkylen-Derivate von Teilestern langkettiger Fettsäuren, wie Laurinsäure, Myristinsäure, Palmitinsäure und Ölsäure, Kondensate von Ethylenoxid mit höheren Alkanthiolen, Ethylenoxidderivate von langkettigen Carbonsäuren und von Alkoholen usw. Diese nichtionischen Tenside enthalten vorzugsweise ungefähr 5 bis 100 Ethylenoxid-Einheiten pro Molekül und besonders bevorzugt ungefähr 20 bis 50 derartige Einheiten. Beispiele für anionische Tenside, die – vorzugsweise in Kombination mit den nichtionischen Tensiden – zur Anwendung kommen können, sind hochmolekulare Sulfate und Sulfonate, beispielsweise Natrium- und Kaliumalkyl-, -aryl- und -alkylarylsulfate und -alkyl-, -aryl- und -alkylarylsulfonate, wie Natrium-2-ethylhexylsulfat, Kalium-2-ethylhexylsulfat, Natriumnonylsulfat, Natriumundecylsulfat, Natriumtridecylsulfat, Natriumpentadecylsulfat, Natriumlaurylsulfat, Natriummethylbenzolsulfonat, Kaliummethylbenzolsulfonat, Kaliumtoluolsulfonat und Natriumxylolsulfonat, die sulfonierten Derivate der oben aufgeführten nichtionischen Tenside, das Salz von Phosphonsäureestern oben aufgeführter nichtionischer Tenside; Dialkylester von Alkalimetallsalzen der Sulfobernsteinsäure, wie Natriumdiamylsulfosuccinat; sowie Formaldehyd-Naphthalinsulfonsäure-Kondensationsprodukte. Die bei dem Emulsionspolymerisationsverfahren eingesetzte Gesamtmenge an Tensiden variiert von etwa 2 bis 20 Gew.-%, vorzugsweise von etwa 4 bis 12 Gew.-%, bezogen auf die monomeren Bestandteile. Das Gewichtsverhältnis von anionischem Tensid zu nichtionischem Tensid sollte zwischen etwa 0,01 und 1, vorzugsweise zwischen etwa 0,05 und 0,5, liegen. Die im Reaktionsmedium verwendete Wassermenge wird in der Regel durch den gewünschten Feststoffgehalt der erfindungsgemäßen wäßrigen Dispersion bestimmt, der im allgemeinen zwischen etwa 40 und 70 Gew.-%, vorzugsweise zwischen 45 und 60 Gew.-%, liegt.
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Die Polymerisation der monomeren Bestandteile der Dispersion erfolgt mittels wirkungsvoller Mengen, vorzugsweise etwa 0,1 bis 2 Gew.-%, bezogen auf die gesamte Monomerencharge, mindestens eines herkömmlichen radikalischen Initiators. Vorzugsweise ist ein derartiger Initiator weitgehend wasserlöslich. Bei solchen Initiatoren handelt es sich um anorganische Peroxide, wie z. B. Wasserstoffperoxid und Persulfatsalze, organische Peroxide, wie tert.-Butylhydroperoxid, Azoverbindungen, wie 2,2'-Azobis(2-amidinopropan)-dihydrochlorid und 4,4'-Azobis(4-cyanopentansäure), sowie Redoxsysteme, wie beispielsweise Kombinationen aus einem Persulfatsalz und einem Alkalihydrogensulfit.
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Die zur Herstellung der wäßrigen Polymere erforderliche Polymerisationstemperatur bei jedem der Verfahrensschritte liegt im allgemeinen je nach der für die Polymerisation vorgesehenen Zeit bei etwa 40 bis 95°C, vorzugsweise bei etwa 55 bis 85°C. Die Dauer der Polymerisation beträgt bei jedem der beiden Schritte in der Regel etwa 45 Minuten bis 6 Stunden, wobei diese Dauer mit abnehmender Polymerisationstemperatur zunimmt.
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Zur Erzielung eines Endumsatzes der Polymerisationsreaktion von 100% kann es zweckmäßig sein, im Anschluß an den letzen Schritt die wäßrige Polymeremulsion etwa 30 bis 90 Minuten auf eine gegenüber der Polymerisationstemperatur vorzugsweise um mindestens 9°C höhere Temperatur zu erhitzen.
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Eine ergänzende Verbesserung von Schritten besteht darin, die wäßrige Polymeremulsion nach dem letzten Schritt oder gegebenenfalls nach dem Erhitzen mit einem radikalischen Initiatorsystem mit kurzer Halbwertszeit bei der in Erwägung gezogenen Temperatur zu behandeln, um so einen Gesamtumsatz in der Nähe von 100% und/oder einen Restmonomerengehalt von höchstens etwa 50 ppm zu erzielen. Als radikalische Initiatorsysteme sind beispielsweise organische und anorganische Peroxide, wie z. B. tert.-Butylhydroperoxid, Butylperoxid, Wasserstoffperoxid oder Alkalipersulfate in Kombination mit einem Reduktionsmittel wie Natriumformaldehydsulfoxylat, Ascorbinsäure, Mohrsches Salz usw. zu nennen. Eine derartige Behandlung kann bei Temperaturen von etwa 40 bis 90°C erfolgen, wobei deren Dauer von der gewählten Temperatur abhängt und vorzugsweise zwischen etwa 15 Minuten und 3 Stunden liegt.
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Falls sich der erfindungsgemäß hergestellte Latex als zu sauer für die Farbenformulierung erweist, so kann es zweckmäßig sein, ihn beispielsweise mit einem beliebigen alkalischen Stoff wie Natrium-, Kalium- oder Ammoniumhydroxid oder einem organischen Amin wie Triethanolamin auf einen pH-Wert von mehr als 6 einzustellen.
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Für die erste Polymerisationsstufe ist die Saatpolymerisation bevorzugt.
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Wird das dispergierte Polymer durch Mischen von zwei vorgebildeten Dispersionen hergestellt, so kann jede Dispersion durch Emulsionspolymerisation unter Anwendung der allgemeinen Technik, Bestandteile und Hilfsmittel, wie bei den obigen Ausführungen bezüglich einer mehrstufigen Polymerisation erörtert, hergestellt werden.
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Das multifunktionelle Material C kann gegebenenfalls in dem Wasser der Polymerdispersion emulgiert werden. In diesem Fall kann die Emulgierung mit Hilfe von Tensiden erfolgen, wie sie oben zur Verwendung bei einem Emulsionspolymerisationsverfahren erläutert wurden.
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Die multifunktionellen Materialien C werden ausgewählt aus:
- 1. Epoxy(meth)acrylaten.
- 2. Urethan(meth)acrylaten.
- 3. Multifunktionelle (Meth)acrylatmonomeren.
- 4. Amin-(Meth)acrylat-Addukten.
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Epoxy(meth)acrylate sind Produkte der Umsetzung von (Meth)acrylsäure mit einer epoxy(glycidyl)-funktionellen Komponente, z. B. aliphaten- und aromatenhaltige Epoxidharze, epoxidierte Öle, Acrylpolymere und Acrylpfropfpolymere, in denen die Acrylkomponente seitenständige Epoxidgruppen trägt. Die (Meth)acrylsäure kann zwecks Verleihung von speziellen Eigenschaften teilweise durch andere, sowohl ethylenisch ungesättigt als auch gesättigte Säuren ersetzt sein, z. B. aliphatische Säuren, Fettsäuren und aromatische Säuren.
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Diese Produkte können alternativ auch durch Umsetzung einer carbonsäurefunktionellen Komponente (z. B. Polyester und Acrylpolymeren) mit einer zweiten, sowohl epoxidgruppenhaltigen als auch ethylenisch ungesättigten Komponente, z. B. Glycidyl(meth)acrylat, hergestellt werden.
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Urethan(meth)acrylate sind Produkte der Umsetzung einer isocyanatgruppenhaltigen Komponente mit einer hydroxylgruppenhaltigen Komponente. Mindestens eine dieser Komponenten muß ethylenisch ungesättigt sein. Beispiele für isocyanatfunktionelle Komponenten sind Hexamethylendiisocynat, Isophorondiisocyanat, isocyanatfunktionelle Acrylpolymere und Polyurethane, Produkte der Umsetzung von hydroxylfunktionellen Komponenten (z. B. Polyethylenglykol, Polypropylenglykol und zwei-, drei- und höherwertigen aliphatischen Alkoholen (z. B. Glycerin und Trimethylolpropan) und deren ethoxylierten, propoxylierten und Polycaprolacton-Analogen) mit di-, tri- und höherfunktionellen Isocyanaten (z. B. Hexamethylendiisocyanat, Isophorondiisocyanat und TDI). Beispiele für hydroxylgruppenhaltige ethylenisch ungesättigte Komponenten sind Hydroxyethyl(meth)acrylat und dessen ethoxylierte, propoxylierte und Polycaprolacton-Analoge.
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Multifunktionelle (Meth)acrylat-Monomere sind (Meth)acrylsäureester von zwei-, drei- und höherwertigen Alkoholen (z. B. Polyethylenglykol, Polypropylenglykol, aliphatischen Diolen, Neopentylglykol, etoxyliertem Bisphenol A, Trimethylolpropan, Pentaerythrit, Glycerin, Ditrimethylolpropan, hydroxylfunktionellen Polyester, Dipentaerythrit und die ethoxyierten, propoxylierten und Polycaprolacton-Analogen aller oben aufgeführten Substanzen.
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Amin-(Meth)acrylat-Addukte sind Produkte, die durch teilweise Michael-Addition von primären und sekundären Aminen an eine ethylenische Ungesättigtheit, d. h. die Doppelbindung von (meth)acrylatgruppenhaltigen Verbindungen, hergestellt werden. Von besonderem Interesse sind hier die oben aufgeführten multifunktionellen (Meth)acrylat-Monomere. Beispiele für Amin-Acrylat-Addukte sind mit Diethylamin modifiziertes Trimethylolpropantriacrylat und mit Ethanolamin modifiziertes ethoxyliertes Trimethylolpropantriacrylat.
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Alle oben aufgeführten Acrylate und Methacrylate können bestimmte hydrophile Komponenten enthalten, damit sie in wäßriger Phase leichter gelöst, emulgiert oder dispergiert werden können. Als Beispiele hierfür sei die Zugabe von sekundären Aminen, Phosphorsäure und Anhydriden (beispielsweise Bernsteinsäureanhydrid, Phthalsäureanhydrid und Tetrahydrophthalsäureanhydrid) genannt. Danach werden die resultierenden tertiären Amine und seitenständigen Carbonsäuregruppen neutralisiert. Eine weitere hydrophile Gruppe von besonderem Interesse ist Polyethylenglykol.
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Es kommen verschiedene Photoinitiatoren oder thermische Initiatoren in Betracht. Der Photoinitiator kann der Zusammensetzung in einer Menge von etwa 0,1 Gew.-%, bezogen auf den Gesamtfeststoffgehalt, bis etwa 5,0 Gew.-%, bezogen auf den Gesamtfeststoffgehalt, und besonders bevorzugt von etwa 1,0 Gew.-%, bezogen auf den Gesamtfeststoffgehalt, bis etwa 2,5 Gew.-%, bezogen auf den Gesamtfeststoffgehalt, zugesetzt werden. Als Photoinitiatoren eignen sich u. a. Initiatoren vom Spaltungstyp, halogenierte mehrkernige Ketone, wie chlorsulfonierte Benzanthrone, chlorsulfonierte Fluorenone, halogenalkylierte Benzanthrone und halogenalkylierte Fluorenone gemäß
US-A-3,827,957 und
US-A-3,827,959 ; Benzoin, dessen Ether, wie Methylether, Ethylether, Isopropylether, Butylether, Octylether und dergleichen; Carbonylverbindungen, wie Diacetyl, Benzil und dergleichen; Schwefelverbindungen, wie Diphenylsulfid, Dithiocarbamat und dergleichen; a-Chlormethylnaphtalin und Anthracen. Als Photoinitiatoren kommen ferner Alkylphenone und Benzophenone gemäß
US-A-3,759,807 in Betracht. Für pigmentierte Beschichtungen geeignete Photoinitiatoren werden in
US-A-3,915,824 und
US-A-3,847,771 vorgeschlagen. Von besonderem Interesse für mit Titandioxid pigmentierte Formulierungen sind die Phosphinoxide, z. B. 2,4,6-(Trimethylbenzoyl)-diphenylphosphinoxid.
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Die Zusammensetzung kann in dem Fall, daß die Beschichtung durch Hitze gehärtet wird, einen thermischen Initiator und in dem Fall, daß die Beschichtung durch Autoxidation gehärtet wird, einen Katalysator enthalten. Der thermische Initiator wird der Zusammensetzung in einer Menge von etwa 0,5 Gew.-%, bezogen auf den Gesamtfeststoffgehalt, bis etwa 2 Gew.-%, bezogen auf den Gesamtfeststoffgehalt, zugesetzt. Als thermische Initiatoren eignen sich u. a. Azoverbindungen, wie Azobisisobutyronitril und dergleichen; organische Peroxide, wie Ketonperoxide, Hydroperoxide, Alkylperoxide, Acrylperoxide, Peroxyester und dergleichen; sowie anorganische Peroxide, wie Ammoniumpersulfat, Kaliumpersulfat, Wasserstoffperoxid und dergleichen. Als Katalysatoren für die autoxidative Härtung eignen sich u. a. Cobaltsalze, wie Cobaltacetat, Cobaltnaphthenat und dergleichen.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ferner eine Farbe, die eine wie oben definierte wäßrige Polymeremulsion enthält.
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Zur Formulierung kommen alle der in der Technik bekannten Methoden zur Formulierung von Latexfarben in Betracht. Die erfindungsgemäßen wäßrigen Lacke enthalten eine Mischung von Farbmitteln, z. B. Pigment, und Latex. Pulverförmige Füllstoffe kommen ebenfalls in Frage.
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Beispiele für pulverförmige Füllstoffe sind Calciumcarbonat, Dolomit, Talk, Glimmer, Bariumsulfat, Kalk und Zement; Beispiele für Pigmente sind Titanoxid, Ruß, Kupferphthalocyanin, Zinkoxid, Eisenoxide und Chromoxid.
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Neben den Pigmenten und Füllstoffen können die erfindungsgemäßen Beschichtungszusammensetzungen auch noch andere Hilfsstoffe enthalten, wie z. B. Dispergiermittel [Alkalisilikate (insbesondere Metasilikate), Alkalipolyphosphate und Alkalisalze organischer Polysäuren (insbesondere von Polyacrylaten)]; Netzmittel, [z. B. nichtionische Tenside (beispielsweise Polyetheroxide)]; Rheologiemodifikatoren oder Verdickungsmittel (z. B. mit hydrophoben Gruppen modifizierte wasserlösliche Polymere und Hydroxyalkylcellulosederivate); Entschäumer; Biozide und Korrosionsschutzmittel.
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Die erfindungsgemäßen wäßrigen Farben lassen sich mit herkömmlichen Mitteln, wie z. B. mittels Pinsel, Walze, Spritzpistole usw., auf das gewünschte Substrat auftragen.
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Die erfindungsgemäßen Farben können, wenn sie einen thermischen Initiator oder ein externes Reagenz enthalten, nach dem Auftragen auf das Substrat durch Erhitzen, z. B. bei einer Temperatur von 70 bis 150°C über einen Zeitraum von 3 min bis 1 Stunde, gehärtet werden. Wenn die Farben einen Photosensibilisator enthalten, können sie mittels UV-Bestrahlung gehärtet werden. Als Strahlung kommen ionisierende Strahlung, Elektronenstrahlung und UV-Strahlung in Betracht. Zu den Quellen von UV-Strahlung gehören Sonnenlicht, Quecksilberlampen, Kohlebogenlampen, Xenonlampen und dergleichen. Bevorzugt sind Mitteldruck-Quecksilberdampflampen.
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Die Erfindung wird nun anhand der folgenden, lediglich der Veranschaulichung dienenden Beispiele näher erläutert.
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Die Blockfestigkeit von Formulierungen wurde nach einer an die ASTM-Blockfestigkeitsprüfung D4946 angelehnten Prüfmethode beurteilt.
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Hierbei bringt man die Prüflösung mit einer Rakelauftragsvorrichtung mit eine Spalthöhe von 0,004 auf eine versiegelte Karte auf. Die aufgebrachten Platten werden vor der Prüfung 1 Stunde (frühes Blocken) und 24 h (späteres Blocken) bei Raumtemperatur konditioniert.
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Gehärtete Emulsionsfilme werden aufeinandergelegt und einem Druck von etwa 127 g/M ausgesetzt. Diese Farbenfilme werden entweder bei Raumtemperatur belassen oder zwecks strengerer Prüfung in einen 50°C warmen Ofen gestellt. Nach dem Abkühlen werden die geblockten Platten auseinandergezogen. Der Blockierungsgrad wird bezüglich Klebrigkeit oder Abriß anhand einer Reihe von normierten deskriptiven Begriffen entsprechend den numerischen ASTM-Werten 10-0 subjektiv eingestuft.
Blockfestigkeit Numerische Einstufung | Trennungstyp | Leistung |
10 | nicht klebrig | Perfekt |
9 | kaum klebrig | Hervorragend |
8 | sehr leicht klebrig | Sehr gut |
7 | leicht bis sehr leicht klebrig | Gut bis sehr gut |
6 | leicht klebrig | Gut |
5 | mäßig klebrig | Mäßig |
4 | sehr klebrig; kein Abriß | Mäßig bis schlecht |
3 | 5 bis 25% Abriß | Schlecht |
2 | 25 bis 50% Abriß | Schlecht |
1 | 50 bis 75% Abriß | Sehr schlecht |
0 | 75 bis 100% Abriß | Sehr schlecht |
- Anmerkung: Die numerischen Werte können von Person zu Person unterschiedlich sein, jedoch sollte die relative Einstufung gleich sein. Die Wiederholpräzision beträgt schätzungsweise plus/minus eine Blockierungseinheit.
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Die chemische Beständigkeit des Films wurde anhand der Xylol-Wischprüfung geprüft. Die Ergebnisse sind in Sekunden vor dem Versagen angegeben. Die Härte der Filme wurde anhand der König-Härteprüfung geprüft.
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Beispiele 1–10
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Durch mehrstufige Polymerisation unter Verwendung von zwei Voremulsionen mit den folgenden Formulierungen wurden zehn
Polymeremulsionen hergestellt: Voremulsion 1 (Polymer A)
X1/1,5 Teile | Wasser |
X1/10 Teile | 15%ige wäßrige Natriumdodecylsulfat-Lösung |
X1 Teile | Monomere |
Voremulsion 2 (Polymer B)
X2/2 Teile | Wasser |
X2/10 Teile | 15%ige wäßrige Natriumdodecylsulfat-Lösung |
X2 Teile | Monomere |
- [Die Summe von X1; und X2; beläuft sich auf 100 Teile].
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Die Emulsion wurde nach dem folgenden allgemeinen Verfahren hergestellt.
- 1) Eine Vorlage aus 41,4 Teilen Wasser und 1,5 Teilen 15%iger wäßriger Natriumdodecylsulfat-Lösung wurde in einen Reaktor eingetragen und auf 85°C erhitzt.
- 2) Nach Erhitzen der Vorlage auf 85°C wurde die Anfangsinitiatorlösung (0,19 Teile Wasser und 0,05 Teile Natriumpersulfat) zugegeben und mit der gleichzeitigen Zudosierung von
(a) Voremulsion (Zudosierungszeit: 1 Stunde) und
(b) der Initiatorlösung (20 Teile Wasser und 0,4 Teile Natriumpersulfat, Zudosierungszeit: 3 Stunden) begonnen, wobei eine konstante Reaktortemperatur von 85°C +/– 1°C beibehalten wurde.
- 3) Nach vollständiger Zudosierung der Voremulsion 1 wurde mit der Zugabe des zweiten Zulaufs aus Voremulsion 2 (Zudosierungszeit: 1 Stunde) begonnen, wobei immer noch eine Reaktortemperatur von 85°C +/– 1°C beibehalten wurde.
- 4) Nach vollständiger Zugabe der zweiten Voremulsion wurden Leitungen und Behälter mit 4,5 Teilen Wasser gespült und der Ansatz 1 Stunde bei 85°C gehalten.
- 5) Dann wurde der Reaktor auf unter 40°C gekühlt, wonach mit der Zudosierung der Neutralisationsmittel-Lösung (Zudosierungszeit: 20 Minuten) (1,18 Teile Wasser und 1,18 Teile 25%iges Ammoniak) begonnen wurde.
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Die Emulsionen wiesen folgende Eigenschaften auf:
- Feststoffgehalt: 43–4%
pH 7,5–8,5.
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Unter Verwendung der folgenden Monomerzusammensetzungen wurden Polymere mit der gewünschten Tg erhalten.
Tg (°C) | MMA (%) | BA (%) | MAA (%) |
–13 | 22,5 | 75 | 2,5 |
22 | 51,0 | 46,5 | 2,5 |
70 | 77,7 | 19,8 | 2,5 |
130 | 97,5 | 0 | 2,5 |
- MMA
- = Methylmethacrylat
- BA
- = Butylacrylat
- MMA
- = Methacrylsäure.
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Die Dispersionen wurden jeweils zu einer Beschichtungszusammensetzung gemäß der folgenden Formulierung verarbeitet.
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Die obigen Beschichtungen wurden wie oben angegeben (im Fall der Beispiele 4–9) durch Einmischen in eine entsprechende Menge einer aus den folgenden Bestandteilen hergestellten Emulsion modifiziert.
Bestandteil | Funktion | Zulieferer | Mengen |
SR 351* | Multifunktionelles Material | Craynor | 75,0 |
BHT | Inhibitor | | 0,075 |
Triton© GR-5M | Dispergiermittel | Union Carbide | 2,5 |
Wasser | | | 22,5 |
- * Trimethylolpropantriacrylat.
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Diese Emulsion wurde hergestellt, indem in einem Behälter SR 351, BHT und Triton® GR-5M in der angegebenen Reihenfolge bei Raumtemperatur vorgelegt wurden und dann unter kräftiger Durchmischung mit einem Silverson-Rührer innerhalb von 20 Minuten Wasser zugegeben wurde, was eine cremige und stabile Emulsion ergab.
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Dann wurden die Blockfestigkeit, die König-Härte und die chemische Beständigkeit und Rißbildung der Formulierungen beurteilt. Die Ergebnisse sind nachstehend aufgeführt. Bei Verbindung C handelt es sich um ein als Emulsion eingetragenes polyfunktionelles Material.
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Für die Prüfung wurden mit einer Rakelauftragsvorrichtung von ICI mit einer Spalthöhe von 0,004 Zoll auf Glas klare Filme abgerakelt. Vor der Bestrahlung mit UV-Licht wurde 30 min bei Raumtemperatur und dann 30 min bei 50°C gehärtet. Die UV-Härtungsbedingungen waren:
- – UV-Durchlaufgeschwindigkeit: 3,25 m/min//Lampe
- – Lampe: Mitteldruck-Hg-Bogenlampe.
- – Die Platten wurden vor der Prüfung (Blocken, König-Härte, Wischen mit Xylol) 24 Stunden bei Raumtemperatur belassen.
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